Sonntag, 17. November 2013

Reisebericht zweiter Teil: 15. November


Unterwegs in Intibucá


Die Bewohner_innen der Gemeinden San Marcos und Barrio Nuevo im Departamento Intibucá sprechen sich deutlich gegen Staudammprojekte auf ihrem Gemeindegebiet aus. Die Bauvorhaben werden von den örtlichen Bürgermeistern und dem Unternehmen Hidrosierra vorangetrieben. Doch die Bewohner der Gemeinden sind entschlossen ihr Land zu verteidigen. Kein Einzelfall in Honduras.

La Esperanza. 6 Jahre ist es her, als zum ersten mal Arbeiter_innen kamen, um die Flüsse San Juan und Rio Negro zu vermessen, berichten Bewohner_innen der Gemeinde Barrio Nuevo, ein Hinweis, dass konkrete Staudammprojekte schon damals in Planung gewesen seien. Weit kamen die Vermessungsarbeiten allerdings nicht. Die Bewohner_innen verhinderten die Vermessung ihres Gebietes, in dem sie den Arbeiter_innen folgten und die Messgeräte wieder entfernten. Auch weitere Versuche des Vordringens in ihr Gebiet wurden sabotiert.

 
Barrio Nuevo gehört zur Gemeinde Concepción und liegt im Gebiet der Lenca, einer indigenen Volksgruppe. Für sie gilt die ILO-Konvention 169, nach der indigene Gemeinden über Projekte auf ihrem Gebiet informiert und befragt werden müssen. Die Bewohner_innen von Barrio Nuevo geben an, keinerlei Informationen über das Projekt zu erhalten, dass das Unternehmen Hidrosierra in Kooperation mit dem Bürgermeister offensichtlich auf ihrem Gemeindegebiet vorantreibt. Über die Auswirkungen können sie nur mutmaßen. Sicher sind sie sich aber in einem Punkt: Durch die Stauseen ginge fruchtbares Land verloren, auf dem sie Mais, Bohnen, Yuca und Zuckerrohr anbauen. Die Kleinbauern von Concepción haben einen Gemeindetitel auf ihr Land, das heißt, dass sie die rechtmäßigen Eigentümer sind.

Auch in der Gemeinde San Marcos de la Sierra ist ein Staudamm geplant. Ohne die Einwohner_innen befragt zu haben, unterzeichnete der Bürgermeister Miguel Angel Bautista einen Vertrag mit dem Unternehmen Hidrosierra, wie er in einer nicht-öffentlichen Sitzung am 28. September erklärte, was er allerdings auf öffentliche Nachfragen hin leugnet. Aber auch hier wurde die Durchführung der Vermessungsarbeiten von den Bewohnern blockiert. Valeria Gutierrez*, eine Bewohnerin der Gemeinde San Marcos, erzählt uns, die Gemeindemitglieder haben sich nun der Organisation COPINH angeschlossen. In COPINH, dem Zivilen Rat der Basis- und indigenen Organisationen in Honduras, sind indigene Dörfer aus 5 Departments organisiert, die die natürlichen Ressourcen der Lenca verteidigen. Mit einigem Erfolg, wie man zum Beispiel an dem Staudammprojekt El Tigre im Departamento Intibucá sehen kann, das seit 16 Jahren erfolgreich blockiert wird. Im Gebiet der Lenca sind bereits 47 Konzessionen für Staudämme vergeben worden, beispielsweise an den Flüssen Rio Jupual, Rio Negro und Rio Susuma. Die meisten dieser Projekte sind noch nicht über das Stadium der Vermessens hinausgekommen, da die betroffenen Gemeinden die Arbeiten verhindern.

Ein aufsehenserregendes Beispiel ist die Gemeinde Rio Blanco am Fluss Rio Gualcarque. Dort blockieren Mitglieder der Gemeinde seit dem 1. April diesen Jahres die Zufahrtsstraße um gegen den Bau des Staudamms zu protestieren. Das honduranische Unternehmen DESA hat bereits mit Bauerarbeiten begonnen, aber aufgrund von internationalem Druck den chinesischen Partner Sinohydro verloren. Doch die Lage verschärft sich zunehmend. Die widerständigen Gemeindemitglieder sind seitens der Polizei, des Militärs und privater Sicherheitsdienste des Unternehmens DESA starker Repression ausgesetzt. Mitglieder der Gemeinde Rio Blanco befürchten eine Räumung der Straßensperre nach den Wahlen. Lilia, eine Koordinatorin von COPINH, berichtet uns, dass der Widerstand von Rio Blanco ein Beispiel für andere Gemeinden sei, sich gegen unerwünschte Projekte auf ihrem Gebiet zu verteidigen. Auch deshalb wird wohl mit aller Kraft versucht die Bauarbeiten wieder aufzunehmen.
Die Hondurasdelegation wird im Lauf der Reise die Gemeinde Rio Blanco besuchen und über die aktuelle Situation berichten.

*Name geändert