Donnerstag, 3. Februar 2011

Delegationsreise zur Lage der Menschenrechte nach dem Putsch in Honduras


Artikel aus dem Jahresbericht 2010 des Ökumenischen Büros für Frieden und Gerechtigkeit e.V.

Bei einer Veranstaltung im März 2010 im Münchner EineWeltHaus hatten die honduranische Menschenrechtlerin Bertha Oliva und der Vertreter der Demokratiebewegung FNRP Jesus Garza die deutschen UnterstützerInnen dazu aufgerufen, ins Land zu kommen und mit eigenen Augen zu bezeugen, was sich dort bewegt und wie gravierend die Menschenrechtsverletzungen seitens der Regierung unter Präsident Porfirio Lobo nach wie vor sind . Dies sei einerseits wichtig für den Schutz der AktivistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen, andererseits sei es dringend nötig, das Schweigen der internationalen Medien zu durchbrechen, die seit den Wahlen im November 2009 kaum noch über Honduras berichteten und so den Eindruck erweckten, mit der neuen Regierung sei der Putsch überwunden. Dass das Gegenteil der Fall ist, bestätigten auch die Mitglieder der deutschsprachigen Honduras-Koordination, einem Zusammenschluss von JournalistInnen, ParlamentarierInnen, Menschenrechtsorganisationen und Hilfswerken mit Kontaktpersonen in Honduras. Sie bestärkten uns darin, eine Delegation für JournalistInnen und MenschenrechtlerInnen nach Honduras zu organisieren. 
Geeignete TeilnehmerInnen fanden sich schnell und bereiteten sich an zwei Wochenenden im Herbst auf die Reise vor. KooperationspartnerInnen des Projekts waren u. a. die deutschsprachige Honduras-Koordination, der Förderverein Oscar-Romero-Haus e.V. in Bonn, die Informationsgruppe Lateinamerika Österreich (IGLA), das Internationale Sekretariat von FIAN, die Rosa-Luxemburg-Stiftung, Bundestagsmitglied Heike Hänsel, die Christliche Initiative Romero e.V. in Münster (CIR), das Queere Bündnis Walter Tróchez, das Internetportal www.amerika21.de, die Menschenrechtsorganisation CAREA e.V., Vía Campesina Österreich, ATTAC Österreich und SÜDWIND Österreich. Insgesamt zehn freie JournalistInnen und VertreterInnen unabhängiger Nichtregierungsorganisationen und Initiativen aus Deutschland und Österreich reisten vom 6. bis 20. Dezember 2010 nach Honduras.
Ziel der Reise war, sich vor Ort über die aktuelle Lage der Menschenrechte zu informieren, die Forderungen der Demokratiebewegung zu erfassen und ihre Situation durch internationale Öffentlichkeitsarbeit in Europa publik zu machen. Des Weiteren untersuchten die Teilnehmenden die Positionen und die Rolle der Repräsentanten der Bundesregierung und der Europäischen Union in Honduras sowie die Menschenrechtspolitik der honduranischen Regierung.
Dazu wurden Menschenrechtsorganisationen, VertreterInnen der Demokratiebewegung sowie honduranische und internationale offizielle Stellen besucht und über ihre Haltung zur aktuellen politischen Situation interviewt.
Eine Rundreise durchs Land führte u. a. zu den Orten akuter Konfliktsituationen. In Bajo Aguán an der Nordküste wurden die Delegierten Zeuge der Räumung einer Siedlung von landlosen Bauern und Bäuerinnen, in Zacate Grande waren es LandarbeiterInnen, die sich der widerrechtlichen Aneignung ihrer Häuser durch eine internationale Großbank widersetzten, in La Esperanza an der salvadorianischen Grenze Angehörige der Lenca-Ethnie, die sich gegen ein Staudamm-Großprojekt auf dem Territorium ihrer Gemeinden wehren. In diesen und weiteren Fällen berichteten die AktivistInnen von Bedrohungen und Gewalttaten gegen ihre Organisationen, die alle Teil der Widerstandsbewegung FNRP sind (siehe Länderbericht Seite XX).
In Tegucigalpa traf sich die Delegation mit weiteren in der FNRP aktiven Organisationen, mit Menschenrechtsorganisationen und mit VertreterInnen offizieller Stellen der honduranischen und der deutschen Regierung sowie der EU-Kommission.
Die Delegation endete mit einer Pressekonferenz, in der der Lobo-Regierung ein Umgang mit der Opposition im Land bescheinigt wurde, der mit demokratischen Standards nichts gemein hat. Entsprechend wurden EU-Kommission und Bundesregierung für ihre Unterstützung des umstrittenen Regimes kritisiert.
Mit VertreterInnen der FNRP und mit Menschenrechtsorganisationen wurden Vereinbarungen über eine weitere Zusammenarbeit getroffen.
Zurück in Europa sollen die gesammelten Informationen in Radio-, Print- und Online-Reportagen, einer Broschüre und einer Fotoausstellung, in Veranstaltungen und Seminaren publik gemacht werden.
Neben einer Kleinen Anfrage im Bundestag zur Honduras-Politik der Bundesregierung soll die europäische Finanzierung für den honduranischen Sicherheitsapparat öffentlich thematisiert werden.
Der Anfrage honduranischer und internationaler Menschenrechtsorganisationen, MenschenrechtsbeobachterInnen auszubilden und nach Honduras zu schicken, versuchen wir nachzukommen.