Donnerstag, 9. Dezember 2010

3. Tag: Reise nach Bajo Aguán

Menschenrechtsbeobachtung in Bajo Aguán

Am Mittwoch machten wir uns auf in den Nordwesten von Honduras, um dort an einer 40-köpfigen Delegation verschiedener Menschrechtsorganisationen und JournalistInnen teilzunehmen.  Angekommen in Tocoa, einer Stadt nahe der Konfliktzone, berieten wir uns in einem langem Plenum über die Planung des folgenden Tages.

Vor der Abfahrt, Vereinshaus der Menschenrechtsorganisation COFADEH

Demokratie und "Poder popular"

Auf der Fahrt hatten wir die Gelegenheit, mit unserem Begleiter Edgard Soriano Ortiz zu sprechen, Delegierter der „Nationalversammlung“ der FNRP. Er erzählte uns, warum in Honduras nicht von einer intakten Demokratie gesprochen werden kann, und wie das die Strategie der Frente mitbestimmt.
Nach einem leichten Schmunzeln auf die Frage nach der Demokratie in Honduras zeichnet er uns ein Bild des hiesigen Wahlsystems, angefangen von geklauten Wahlurnen bis hin zu gekauften Kandidaten.
Die Verbindungen der Oligarchen und damit der Putschisten würden sicherstellen, dass das Resultat einer Wahl nicht zu einer Bedrohung ihrer Macht werden kann. So würde zum Beispiel die Technologie für die Auswertung der Stimmen von Arturo Corrales geliefert, Chef der Elektronikfirma SEMEH, und gleichzeitig einer der Drahtzieher des Putsches. Im Oktober 2010 führte er für Roberto Micheletti, den Putschpräsidenten, die Verhandlungen mit dem damals in der brasilianischen Botschaft eingeschlossen rechtmäßigen Präsidenten Manuel Zelaya. 




Die klientelistischen Verbindungen seien derart wasserdicht, dass Porfirio Lobo die FNRP öffentlich aufgefordert hätte, sich als Partei zu konsolidieren, und zu Wahlen anzutreten. Diese Einbeziehung in ein vollkommen verrottetes und korruptes Wahlsystem würde in den Augen von Soriano Ortiz eine Legitimierung der Putschisten bedeuten, während ein Erfolg durch saubere Wahlen, unter diesen gar nicht sauberen Umständen sehr unwahrscheinlich sei, trotz der großen Sympathien die die FNRP in Honduras hat. Und genau das wüsste Lobo auch.
Deshalb kämpft er in der Frente für eine Ablehnung der Teilnahme an Wahlen, und vergleicht den Charakter der Frente mit dem der uruguayischen Frente Amplio in ihren Gründungsjahren ab 1971. Diese hätte zwar durch partizipative Strukturen eine Massenbasis aufgebaut, Politiker von Parteien aber ausgeschlossen, um Korruption und Klientelismus zu verhindern. Durch die Kontrolle von unten wurde so ein neuer Stil politischer Arbeit entwickelt.

Über die Notwendigkeit dieser „Poder popular“ ist man/frau sich in der Frente einig. Trotzdem gibt es aber in der FNRP zahlreiche Kräfte (wie z.B. Los Necios – siehe unten), die die Gründung einer Partei befürworten. Die Debatte darum bleibt aktuell und spannend.

Impressionen von der Straßenblockade in Guadalupe Carney, zu der einige TeilnehmerInnen der Menschenrechtsdelegation und JournalistInnen noch am Abend fuhren, um eine mögliche Räumung zu verhindern.